Finanzen

Ex-EZB-Chefvolkswirt warnt vor einer Zuspitzung der Euro-Krise

GDN - Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, warnt vor schweren Rückschlag in der Euro-Schuldenkrise. "Ich glaube, die Krise wird sich im Spätherbst zuspitzen. Wir werden in eine neue Phase der Krisenbewältigung eintreten", sagte Stark in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Freitagausgabe).
Nach der Bundestagswahl Ende September werde Frankreich den Druck auf die EZB und Deutschland erhöhen. Das Staatsanleihekaufprogramm OMT solle eigentlich in Spanien und Italien zum Einsatz kommen. "Aber der Druck wird enorm werden, das Instrument auch in Frankreich einzusetzen. Und zwar ohne, dass sich das Land unter den Rettungsschirm begeben muss", sagte Stark. Stark hatte im September 2011 seinen Rücktritt aus dem EZB-Direktorium angekündigt – aus Protest gegen eine Staatsfinanzierung durch die EZB. Seine Skepsis ist seither nicht kleiner geworden. Vor einem Jahr hatte der Chef der EZB, Mario Draghi, in London angekündigt, alles zu tun, um den Euro zu retten. Seither wird der Italiener von vielen für seine Kühnheit gefeiert. Stark dagegen zählt zu den Skeptikern. "Die Londoner Rede hat die Märkte in der Tat beeindruckt", sagte Stark. "Aber dass das eine nachhaltige Beruhigung ist, bezweifle ich", so Stark. Denn die politischen Unsicherheiten in Europa bestünden weiter. Das gelte für die Politik auf nationaler Ebene in den Krisenländern wie für die Politik auf der europäischen institutionellen Ebene. Stark: "Eine nachhaltige Lösung der Krise ist nicht in Sicht." Draghi habe den Regierungen in Europa Zeit gekauft. "Doch diese Zeit blieb ungenutzt", sagte Stark. Der ehemalige Chefvolkswirt geht davon aus, dass die EZB ihr Versprechen wahrmachen muss und das Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen (OMT) starten werde. Er sei "fest davon überzeugt, dass die Märkte zu einem Zeitpunkt, den jetzt niemand voraussehen kann, testen werden, wie ernst die EZB es meint".
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