Finanzen

Bankenkritiker Hellwig erwartet keine Marktbereinigung nach EZB-Stresstest

Banken-Hochhäuser
(Quelle: über dts Nachrichtenagentur)
GDN - Der prominente Ökonom Martin Hellwig glaubt nicht daran, dass es als Folge der Bilanzprüfung und des anschließenden Stresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) im kommenden Jahr zu einer größeren Konsolidierung in der europäischen Bankenbranche kommt. "An sich wären Asset Quality Review und der anschließende Stresstest durch die EZB eine Chance dafür. Jedoch wird der politische Wille dazu fehlen. Politiker in allen Mitgliedsstaaten sehen Banken nur als eine mögliche Quelle von Geld, nicht als eine Quelle von Risiken", sagte der Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe).
"Man muss auch einmal daran denken, Banken zu schließen", ergänzte der Wissenschaftler. Zur Begründung rechnet der Professor vor, dass die aggregierte Bilanzsumme des Finanzsektors in Europa etwa 400 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmache. 1990 seien es dagegen nur rund 100 Prozent gewesen. "Ohne Konsolidierung werden die Banken wieder zocken müssen, nur um zu überleben", sagte Hellwig. Grundsätzlich spricht sich Hellwig für eine supranationale Aufsicht und Abwicklung von Banken aus. "Jedoch hätte ich dafür lieber eine unabhängige Behörde. Bei der EZB sehe ich das Risiko, dass die Geldpolitik dauerhaft durch die Rücksicht auf die Geschäftsbanken geprägt wird", sagte das Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Das Problem des "Too Big to Fail" sieht der Ökonom nach wie vor nicht gelöst. So sei die Deutsche Bank mit einer Bilanzsumme von rund zwei Billionen Euro zweieinhalbmal so groß wie die 2008 gescheiterte US-Investmentbank Lehman Brothers. Bei einer Insolvenz der Deutschen Bank würde die Einheit des Unternehmens sofort zerschlagen, denn die rechtlich unabhängigen Töchter in London und New York würden von den dortigen Behörden übernommen. "Das gäbe ein Chaos", so Hellwig.
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