Politik

Führende Ökonomen geben Empfehlung für GroKo-Verhandlungen

Wahlplakate mit Angela Merkel und Martin Schulz
(Quelle: über dts Nachrichtenagentur)
GDN - Kurz vor der Entscheidung der SPD für oder gegen Koalitionsverhandlungen mit der Union bekommt Parteichef Martin Schulz Unterstützung von führenden Ökonomen in Deutschland. "Eine Große Koalition ist die beste Option, die Deutschland heute hat", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe).
"Weder eine Minderheitsregierung noch Neuwahlen würden die Optionen verbessern." Die Ergebnisse der Sondierungen seien "eine gute Grundlage für einen Koalitionsvertrag, auch wenn ich mir mehr Ambitionen für Deutschland gewünscht hätte". Positiv sei etwa die Absicht von Union und SPD, endlich mehr Verantwortung für Europa zu übernehmen und grundlegende Reformen mit Frankreich anzustoßen. Auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, glaubt, dass das Sondierungspapier eine "gute Ausgangsbasis" für Verhandlungen sein kann, sofern eine "Weiterentwicklung" einzelner Punkte möglich sei. "Meines Erachtens enthält das Papier Licht und Schatten", sagte Fuest dem "Handelsblatt". Positiv sei beispielsweise der Plan, zu einer "rationaleren" Einwanderungspolitik zu kommen und das Anwerben von Fachkräften als zentrale Aufgabe zu sehen. Verbesserungsbedürftig sei hingegen die Steuerpolitik. "Wir sollten die Chance nutzen, den Mittelstand auch im Steuertarif abzuflachen", sagte der Ifo-Chef. Zudem sei eine Reform der Unternehmensbesteuerung nötig, die Deutschland im zunehmenden Steuerwettbewerb konkurrenzfähig halte und Investitionen und Arbeitsplätze im Land sichere. "All das fehlt in dem Papier." Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, plädierte ebenfalls für vertiefende GroKo-Verhandlungen. Für Zufriedenheit über das Ergebnis der GroKo-Sondierungen sei es zwar zu früh. "Dazu fehlt dem Papier die visionäre Kraft, die in Gegenwart eines auch in Deutschland aufkeimenden Nationalismus dringend geboten wäre", sagte Horn der Zeitung. "Im Ganzen dürfte das Papier dennoch eine tragfähige Grundlage für Koalitionsverhandlungen sein." Ob sich in diesen Verhandlungen dann "befriedigende Ergebnisse" einstellten, sei aber "noch völlig offen und es gibt Anlass zur Skepsis". Zu begrüßen sei, dass das Thema Europa an der Spitze des Sondierungspapiers stehe. "Hier finden sich denn auch Absichtserklärungen, die in die richtige Richtung einer vertieften und vor allem sozialen Integration weisen", sagte der IMK-Chef. Es komme aber auf die "konkrete Ausgestaltung" zum Beispiel eines europäischen Finanzministeriums an. Oder wie steuerliche Mindeststandards im sozialen Bereich aussehen könnten. Als "ärgerlich" bezeichnete Horn den Plan für eine teilweise Abschaffung des Soli. Eine solche Maßnahme "reißt nicht nur ein großes Loch in die öffentlichen Kassen und beschränkt damit den Spielraum für dringend benötigte öffentliche Investitionen, sondern sie erhöht auch für sich genommen die ohnehin hohe Ungleichheit der Einkommen", kritisierte der Ökonom.
Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von GDN können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.