Kultur

Ausstellung im Berliner Gropius Bau vom 22. Juli bis 23. Oktober 2022

Louise Bourgeois - The Woven Child

GDN - Der Gropius Bau in Berlin präsentiert mit „The Woven Child“ die erste große Retrospektive, die sich ausschließlich Louise Bourgeois’ textilen Arbeiten widmet. Diese entstanden im letzten Kapitel ihrer bewegten Karriere und gehören zu ihren eindringlichsten und intimsten Werken.
Anhand einer Vielzahl von Skulpturen, Installationen, Zeichnungen, Collagen, Büchern und Drucken zeigt die Ausstellung die lebenslange Verbindung der Künstlerin zu Textilien – und die Erinnerungen, die diese bergen.
Louise Bourgeois schuf in ihrer letzten Lebensphase Arbeiten, die sich auf neue und provokante Weise mit zeitlosen Themen wie der Erkundung von Identität, Sexualität, familiären Beziehungen, Reparatur und Erinnerung auseinandersetzen. The Woven Child untersucht das, was die Künstlerin mit ihren eigenen Worten als „die magische Macht der Nadel“ bezeichnet, die dazu dient „Schäden zu reparieren“ und Vergebung einzufordern.
Ab Mitte der 1990er Jahre bis zu ihrem Tod im Jahr 2010 schuf Bourgeois erstaunlich erfinderische und psychologisch aufgeladene Skulpturen aus Haushaltstextilien wie Kleidung, Bettwäsche und Tapisseriefragmenten, die häufig aus ihrem eigenen Haushalt und ihrer persönlichen Vergangenheit stammten. Die Abkehr von traditionellen Materialien der Bildhauerei stellte eine Rückkehr zu den Wurzeln der Künstlerin dar. Bourgeois entwickelte bereits in ihrer Kindheit eine Beziehung zu Textil, als sie in der Tapisserie-Reparaturwerkstatt ihrer Familie in Frankreich aushalf.
Ihre Entscheidung, Arbeiten aus Kleidung und Haushaltstextilien zu fertigen, stellte eine Möglichkeit dar, die Vergangenheit sowohl zu bewahren als auch zu transformieren. Die notwendigen Tätigkeiten für die Produktion dieser Kunstwerke betrachtete sie dabei aus psychologischer und metaphorischer Perspektive: das Schneiden, Reißen, Nähen und Zusammenfügen verband sie mit einem Verständnis von Reparatur sowie mit den durch Trennungen oder Verlassenwerden hervorgerufenen Traumata.
Mit 89 Werken bietet The Woven Child einen Überblick über die gesamte Spanne textiler Arbeiten, die Bourgeois in den letzten zwei Jahrzehnten ihres Lebens schuf. Die Ausstellung umfasst zentrale Installationen, wie Bourgeois’ „Poles“ und monumentale „Cells“, in denen hängende Kompositionen aus alten Kleidern, Unterwäsche und anderen Kleidungsstücken direkte Bezüge zu ihrer persönlichen Geschichte herstellen.
Die Installation Spider (1997) und die damit verbundene Cell Lady in Waiting (2003) beinhalten antike Tapisseriefragmente. Bourgeois verstand die Spinne als Beschützerin und als Raubtier zugleich und verband sie mit ihrer Mutter, der Weberin und Tapisserie-Restauratorin. Die Fähigkeit der Spinne, ein Netz aus ihrem eigenen Körper heraus zu weben, war für Bourgeois eine Metapher, um ihren eigenen künstlerischen Schaffensprozess zu beschreiben – eine Metapher, die auch die Retrospektive ihrer textilen Arbeiten in besonderer Weise prägt.
Die Ausstellung umfasst ein breites Spektrum figurativer Skulpturen, denen häufig der Kopf oder die Gliedmaßen fehlen – oder die Fantasiekörper zeigen, die an Gestalten aus verstörenden Märchen erinnern. Bourgeois’ Textilfiguren, die größtenteils weibliche Körper darstellen, werden in Vitrinen, von der Decke hängend oder auf Sockeln gezeigt und rufen Zustände der Erniedrigung, Verlassenheit oder des Gefangenseins wach. Zudem werden zahlreiche Textilköpfe zu sehen sein, welche die gesamte Bandbreite an Ausdrucksformen offenbaren, die Bourgeois in diesen unheimlichen und eindrucksvollen Porträts entwickelt hat.
Neben Skulpturen beleuchtet die Ausstellung auch eine große Auswahl von Bourgeois’ lebhaften textilen Zeichnungen, Büchern, Drucken und Collagen. Die Retrospektive erweitert den Blick auf das Werk der Künstlerin, indem Bourgeois’ textile Arbeiten mit den Prozessen der Materialauswahl, ihrer Biografie und den Themen Körper, Erinnerung, Weiblichkeit, Trauma und Reparatur in Verbindung gebracht werden.
Über Louise Bourgeois
Die international renommierte Künstlerin Louise Bourgeois wurde 1911 in Paris geboren. Obwohl sie von 1938 bis zu ihrem Tod im Jahr 2010 in New York lebte, ist ein Großteil ihrer Arbeiten von ihrer frühen Kindheit in Frankreich inspiriert. Bourgeois nutzte den Körper als Grundform und erforschte auf dieser Basis die gesamte Vielfalt des menschlichen Daseins. Sie entwickelte ein breites künstlerisches Spektrum von poetischen Zeichnungen bis zu raumgreifenden Installationen, um ihren Ängsten eine physische Form zu geben und sie so zu überwinden.
Erinnerungen, Sexualität, Liebe und Verlassenwerden sind Kernthemen ihres vielschichtigen Oeuvres. Bourgeois’ Arbeiten finden sich in vielen Sammlungen weltweit. 2007 und 2008 waren sie Teil einer großen Wanderausstellung, die von der Tate Modern in London und dem Centre Pompidou organisiert wurde. Jüngst waren Einzelausstellungen von Bourgeois’ Arbeiten am Jüdischen Museum in New York, der Hayward Gallery in London und dem Kunstmuseum Basel zu sehen. Aktuell werden frühe Malereien der Künstlerin am Metropolitan Museum of Art in New York gezeigt.
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