Entertaiment

Mathias Richling gastiert mit “Deutschland to go“ in Baunatal

“Wo Politik auf Bräsigkeit trifft“


(Quelle: Helmut Bertl)
(Quelle: Rafael Kroetz)
GDN - Mathias Richling gastiert mit seinem aktuellen Bühnen-Programm "Deutschland to go" in der Stadthalle Baunatal. Im Verlaufe des Abends schlüpft er in die Rollen zahlreicher deutscher Politiker und lässt deren Worthülsen mit atemberaubender Geschwindigkeit auf die Zuschauer einprasseln.
Mit einem Koffer in der Hand betritt Mathias Richling eiligen Schrittes die Bühne. Bereits auf dem Weg auszuwandern, entschließt er sich doch noch eineinhalb Stunden in Baunatal zu verweilen und durch die Castingshow “Deutschland sucht Politiker“ zu führen, in deren Verlauf er unter anderem Angela Merkel, Volker Kauder, Gregor Gysi, Cem Özdemir, Wolfgang Schäuble, Klaus Wowereit und Winfried Kretschmann auf die Bühne bittet, um sie sich allesamt um Kopf und Kragen reden zu lassen.
Mathias Richling hat, auf die Funktion von Kabarett angesprochen, einst betont, dass er nicht das Ziel verfolge das Publikum von seinen Ansichten zu überzeugen. Vielmehr sehe er seine Aufgabe als Kabarettist darin, “Dinge in ein anderes Licht zu rücken.“ Dieses versucht er zu erreichen, indem er sich ständig in neue Figuren verwandelt, diese zur Rede stellt, dabei deren Worthülsen offenlegt und Fiktion und Wirklichkeit verschmelzen lässt.
Als Erste ist die Kanzlerin an der Reihe, die allein durch einen schwarzen Koffer und ein blaues Sakko versinnbildlicht wird, denn auf der Bühne verzichtet Richling auf Perücken und andere Requisiten und beweist, dass er derartige Hilfen auch gar nicht nötig hat. Es ist seine große Stärke eben nicht angestrengt jedes Detail zu imitieren, sondern stattdessen alleine durch die gesprochenen Worte den Figuren Leben einzuhauchen und sie unverkennbar werden zu lassen.
Angela Merkel sei relativ leicht zu parodieren, “wie alle Politiker, die in ihren Ämtern versteinern und mehr Maske tragen als Inhalt“, hat Richling einmal in einem Interview erläutert. "Ich habe doch gesagt: Wichtig ist, dass klar sein muss, dass deutlich zu werden hat, was offenbar ist!", lässt er die Kanzlerin sagen. Richlings große Gabe ist es, sich in die Gedankengänge einer Person so tief hineinzuversetzen, dass er sie Dinge sagen lässt, die in der Tat genauso von der betreffenden Person hätten gesagt werden können. Es reicht dann oftmals eine geringfügige Übertreibung und die ganze Widersprüchlichkeit oder Sinnleere der getroffenen Aussagen wird erkennbar.
Vortrefflich gelingt ihm dieses bei der Parodie des noch amtierenden Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit, den Richling jegliche Verantwortung am Flughafen-Desaster von sich weisen lässt. Auch die öffentliche Erregung bezüglich der vorgefallenen Pannen bei dem Bauvorhaben kann dieser nicht im Geringsten nachvollziehen. "Ja, wir haben einen Flughafen und ja, er wird nicht fertig - Ende der Informationskette!" Schließlich versteigt er sich in Gedankengebilde, die im Resultat den ausufernden Kosten und Bauzeiten sogar Positives abgewinnen können: "Ich sehe nur Vorteile!"
Die Banalisierung von Politik, wie sie vor allem in Talkshows ausgelebt wird, ist Richling ein Dorn im Auge, wie er in einer gelungenen Parodie als “Frank Aufgeblasen“, bei dessen Polit-Talk "Quark aber ungefähr - wo Politik auf Bräsigkeit trifft" zum Ausdruck bringt.
Auch sei angesichts mancher Interviews, denen sich Politiker stellen, die Annahme, es gäbe keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten eindeutig widerlegt, was Richling sogleich mit mustergültigen Beispiele zu belegen weiß.
Was soll der Betreffende denn antworten, wenn er mit der Frage "Als Sie die Wahl gewonnen haben, was haben Sie da gefühlt?“ konfrontiert wird. Wie soll er reagieren, wenn dann sogar investigativ nachgehakt wird: “Was haben Sie persönlich empfunden?"
“¦ "Wie ist die Stimmung vor Ort im Hochwassergebiet?"
“¦ "Herr Wulff, Sie haben Ihr Amt verloren, Sie stehen derzeit vor Gericht, Ihre Frau hat sie verlassen, die Medien und das Volk verhöhnen Sie. Hat das alles in irgendeiner Weise Ihr Leben beeinflusst?"
Ein weiterer Themenschwerpunkt im Programm ist die Beliebigkeit und Austauschbarkeit von Positionen innerhalb der im Bundestag vertretenen Parteien. Ein Phänomen, das Richling musterhaft in der Persiflage auf Cem Özdemir, den er erläutern lässt, warum man gerade als Befürworter von Atomkraft und Waffenlieferungen bei den Grünen bestens aufgehoben sei, veranschaulicht.
Quelle: Rafael Kroetz
Im Gegensatz zu manchen seiner Kollegen scheint Richling seine Figuren eher liebevoll, manchmal gar mittleidig, zu betrachten. Wirklich scharfe Kritik, wie beispielsweise an deutschen Waffenlieferungen, äußert er durchaus, wenn auch eher beiläufig. Da würde man sich manchmal die konsequente Schärfe eines Georg Schramms wünschen. Insbesondere wenn Richling seine Stärke, das Hineinfühlen in die Denkweise eines konkreten Politikers, ungenutzt lässt, bleiben seine Zielrichtungen, wenn er etwa Themen wie Moral in der Politik, Frauenquoten oder die NSA-Spionage zur Sprache bringt, bisweilen etwas unpräzise und flüchtig.
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