Kultur

Tanztheater Wuppertal Pina Bausch stellt neuen Spielplan vor

“Jetzt gilt es, neue Schritte zu gehen


(Quelle: Mario Graß)
Adolphe Binder
(Quelle: Mario Graß)
GDN - Im Rahmen einer Pressekonferenz des Tanztheaters Wuppertal wurde von Intendantin Adolphe Binder die kommende Spielzeit vorgestellt, bei der die Werke von Pina Bausch bewahrt und gleichzeitig eine neue Identität geschaffen werden soll.
Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch blickt auf eine lange Tradition zurück und geht bald in die 44. Saison. Diese stellt für das international besetze Ensemble eine Neuausrichtung dar, bei der das umfassende Oeuvre Pina Bauschs mit neuen zeitgenössischen Kreationen, Formaten und Prozessen bereichert wird. Adolphe Binder, ehemalige Ensemblechefin in Schweden und seit Mai 2017 Intendantin und Künstlerische Leiterin des “Tanztheater Wuppertal Pina Bausch“, stellte am vergangenen Freitag das Programm der Spielzeit 2017/18 vor.
36 Jahre lang war Pina Bausch das künstlerische Zentrum des Tanztheaters in Wuppertal. “Erstmals nach dem Tod von Pina Bausch übernimmt mit Adolphe Binder eine Person von außen die Verantwortung“, so Wuppertals Bürgermeister Andreas Mucke in seinen einleitenden Worten während der Pressekonferenz. “Jetzt gilt es, neue Schritte zu gehen.“
Weiter hieß es in seiner Rede: “Wir freuen uns, dass wir Adolphe Binder als neue Intendantin dafür gewinnen konnten, gemeinsam mit dem international besetzten Ensemble mit Tänzer*innen aus drei Generationen zukunftsweisende Visionen zu entwickeln. Mit Spannung erwarten wir die Spielzeit 2017 / 2018, die für Aufbruch und lebendige Zukunft unseres Wuppertaler Tanztheaters steht.“
Anschließend stellte Adolphe Binder den Spielplan der Saison 2017/2018 vor, machte aber zunächst deutlich, dass Pina Bausch weiterhin das gedankliche Zentrum des Tanztheaters in Wuppertal sein wird. “Pina Bauschs Werk steht für Neugierde und Mut zur Expedition und Entgrenzung. Es ist mir Inspiration und Ansporn auch in Zukunft fremde Wege zu beschreiten, neue Resonanzräume zu schaffen und künstlerische Wagnisse einzugehen. Den wertvollen Schatz stark und dynamisch zu halten und gleichzeitig mit spannenden Künstler*innen Neues zu erfinden, diese große Herausforderung ist für mich Ehre und Verpflichtung zugleich.“
Adolphe Binder arbeitete in der Vergangenheit als Dramaturgin an der Deutschen Oper Berlin, übernahm 2002 die künstlerische Leitung der Komischen Oper Berlin und 2011 den gleichen Posten an der Danskompanie Göteborg. Ihre Erfahrungen will sie nun nutzen, um die Wuppertaler Kompanie in die Zukunft zu führen. Und diese Zukunft soll beides beinhalten: die Pflege der Werke von Pina Bausch und gleichzeitig eine neue Identität.
Adolphe Binder tritt somit in große Fußstapfen und die Erwartungshaltung ist enorm. Sie ist sich des Erbes, das sie in Wuppertal antritt offenkundig bewusst. “Pina Bauschs Nachlass geht über das rein künstlerische hinaus. Es ist eine Haltung!“ Kern des Tanztheaters Wuppertal sei und bleibe Pina Bausch - ihre Stücke, die erhalten bleiben sollen, aber auch der Mut, die Energie und die Neugierde, die in Bauschs Arbeiten Ausdruck gefunden haben.
Eine Neueinstudierung, diverse Wiederaufnahmen aus unterschiedlichen Schaffensphasen Pina Bauschs und zwei Uraufführungen bilden den Kern der kommenden Spielzeit.
Mit besonderer Spannung werden zweifellos die beiden Uraufführungen erwartet. Die erste wird von Dimitris Papaioannou kreiert werden und am 12. Mai 2018 Premiere feiern. Papaioannou wurde 1964 in Athen geboren und feierte seine ersten Erfolge als Maler und Comiczeichner. Internationale Bekanntheit erlangte er durch seine Inszenierungen der Eröffnungs- und Abschlussfeierlichkeiten bei den olympischen Spielen in Athen, bei denen er neue Maßstäbe für derartige Veranstaltungen setzte.
Das zweite neue Stück wird eine Kreation von Alan Lucien Øyen sein, der sich als Dramatiker Regisseur und Choreograf einen Namen gemacht hat. Das Stück des Norwegers wird am 2. Juni 2018 im Wuppertaler Opernhaus uraufgeführt werden.
Die geplanten Wiederaufnahmen der Bauschstücke umfassen Arbeiten aus den 70er, 80er, 90er und 2000er Jahren. Der zweiteilige Tanzabend “Die sieben Todsünden“ wird in einer Neueinstudierung, mit dem Sinfonieorchester Wuppertal und Sängern der Wuppertaler Bühnen (Oper) sowie Gesangssolist*innen im Januar 2018 in Wuppertal zu erleben sein. Des Weiteren können sich die Zuschauer in Wuppertal auf die legendären Stücke “1980“ und “Masurca Fogo“ freuen.
Beginnen wird die Spielzeit mit einem Fest am 6./7. Oktober 2017 im Opernhaus, bei dem alle Interessierten Gelegenheit bekommen werden, Einblicke in die bevorstehende Saison zu gewinnen. Das Programm wird ab September 2017 unter pina-bausch.de einsehbar sein.
Das geplante Programm “Feuer & Flamme“ unterstreicht den Wunsch, in die Stadt Wuppertal hineinzuwirken, steht für kreativen Austausch und zielt auf gesellschaftliche und künstlerische Heterogenität. Das Spektrum reicht von einem choreographischen Recherche-Labor des Ensembles, Workshops, Begegnungen mit Künstler*innen, Diskussionsforen bis hin zu ortsspezifischen Aktionen und einem breitgefächerten Kinder- und Jugendprogramm sowie Hausbesuchen des Ensembles und der Intendantin.
Wie seit vielen Jahren gewohnt, werden auch in der kommenden Spielzeit die Stücke von Pina Bausch auf weltweiten Tourneen, die das Ensemble unter anderem nach New York, Ottawa, Antwerpen, Taipeh, Taichung und Paris führen werden, präsentiert. Dabei werden die großen Stücke “Café Müller / Das Frühlingsopfer“, “Viktor“, “Nelken“ und “Nefés“ zu sehen sein.
Was vor vielen Jahren als Revolution in Wuppertal begann, hat mit einer ästhetischen und thematischen Zeitlosigkeit die Entwicklung der Theaterkunst sowie des modernen Tanzes nachhaltig geprägt. “Die Fragen hören nicht auf, und die Suche hört nicht auf. Es liegt etwas Endloses darin, und das ist das Schöne dran“, formulierte es einst Pina Bausch.
Bei der Pressekonferenz wurde deutlich, dass der Druck, gestellte Erwartungen zu erfüllen, enorm ist. Einerseits soll das Werk Pina Bauschs weltweit am Leben erhalten werden, ohne dabei die Wuppertaler Wurzeln zu vergessen. Zudem wird von der hochkarätigen Kompanie erwartet, endlich Neues zu schaffen. Die Hoffnungen und Erwartungen treffen nun auf Adolphe Binder und es bleibt zu hoffen, dass sie diesem Druck Stand hält, ihre eigene Handschrift finden wird und das sicherlich aufmerksame Publikum sowie die Kritiker ihr mögliche Fehltritte nachsehen werden.
Das Erbe Pina Bauschs ist wertvoll und aktuell. Adolphe Binder fand dazu die richtigen Worte, als sie sich an ihre persönlichen Erfahrungen mit den Werken Bauschs erinnerte: “Wenn man aus einem Bauschstück kommt, liebt man die Menschen etwas mehr.“ Welch großartiger Ansatz, um dieses Erbe anzutreten!

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